Offener Brief an die politischen Entscheidungsträger zur Neu-/Ausbaustrecke Güterverkehr DB Netze

Verein zur Weiterentwicklung des Heidelberger Ortsteil Grenzhof

Wir befürworten den Ausbau des Bahn-Güterverkehrs, aber nur wenn sie den Menschen und Natur nutzt und nicht schadet.

Auch die Bahn verbraucht Ressourcen, emittiert Lärm und Feinstaub. Eine Planung in dem dichtbesiedelten Ballungsraum darf nicht nur nach den Kosten schauen, sondern muss vor allem die Lebensqualität der Menschen und der Natur berücksichtigen.

Aus diesem Grund lehnen wir neue Trassen auf freien Naturflächen ab und fordern die Bündelung mit bestehenden Trassen in einer Tunnellösung. Damit könnten schon bestehende Belastungen reduziert und neue verhindert werden.

Argumente gegen einen Neubau einer Bahnlinie durch das Grenzhöfer Feld

Aus der Sicht der Gesellschaft

  • Schon seit den 1950er-Jahren wird der hohe Flächenverbrauch in Deutschland als ein gravierendes Problem identifiziert.
  • Einmal versiegelte Flächen kommen nicht mehr zurück. Die tägliche Flächeninanspruchnahme liegt mit 60 bis 70 Hektar noch weit entfernt von dem von der Bundesregierung im Jahr 2002 beschlossenen 30-Hektar-Ziel für das Jahr 2020. Einige Hoffnung ruht auf der von der EU und ihren Mitgliedsstaaten eingegangenen Verpflichtung, die Nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (englisch Sustainable Development Goals, SDGs) umzusetzen. Die SDGs enthalten unter anderem die Ziele, Städte nachhaltig zu entwickeln (SDG 11.3) und die Land- Degradation zu bekämpfen (Ziel 15.3). Aktuell sind jedoch auf europäischer Ebene noch keine deutlichen Fortschritte erkennbar. Die Ausdehnung der Siedlungs- und Verkehrsflächen hat sich in letzter Zeit innerhalb der EU sogar wieder beschleunigt (eurostat, 2018).
  • Es ist wichtig, dass diese Ziele ernstgenommen und mit Strategien und Instrumenten gestützt werden, denn es bleibt nicht viel Zeit bis 2030. Angesichts der Tatsache, dass die die Ressource „Fläche“ endlich ist und eine Inanspruchnahme häufig den quasi irreversiblen Verlust von vielen Ökosystemleistungen zur Folge hat, ist ein konsequentes Flächensparen in Deutschland und allen anderen europäischen Ländern dringend erforderlich.
  • Ein Instrument dieses Ziel zu erreichen oder ihm näher zu kommen ist es, Verkehrswege /- Trassen zu bündeln. Hierzu gibt es keine Alternative.
  • Die Verkehrswege sind für die Menschen da und müssen so geplant werden, dass der Schaden minimal und der Nutzen maximal ist. Kostenerwägungen können da nicht an erster Stelle stehen.

Aus der Sicht der Stadt Heidelberg

  • Der Grünzug von Westen vom Rheinauer Wald über den Grenzhof auf die Stadtteile Wieblingen, Bergheim, Weststadt und die Bahnstadt zu wurde in unzähligen Publikationen der Stadt Heidelberg als sehr bedeutend für das Klima in der Stadt herausgestellt.
  • Die Agrarflächen rund um den Grenzhof sind eine der letzten größeren und zusammenhängenden Freiflächen im Rheingraben/Rhein-Neckar-Gebiet. Als solcher kommt dieser Fläche gerade im Bezug auf den Umwelt- und Naturschutz eine besondere Bedeutung zu. Hier finden Arten die einen gewissen Platz zum Jagen und/oder ein Revier brauchen eine letzte Zuflucht. (Greifvögel, Niederwild (Hase, Fasan), Störche, Rehe)
  • Der Rheingraben westlich von Heidelberg ist schon jetzt überdurchschnittlich belastet durch Verkehrswege und landschaftliche Zerteilungen. (Aussage 1.Bgm Odszuck) Um den Grenzhof herum hat es
    • im Norden die BAB656 und die 6-gleisige Bahntrasse Mannheim Heidelberg
    • im Westen die BAB6 und die Bahntrassen MA-Friedrichsfeld Schwetzingen undMannheim-Rheinau Schwetzingen
    • im Süden die B535 und die BAB6
    • im Osten die BAB5 und die Bahntrasse Heidelberg Karlsruhe

Aus der Sicht des Naturschutzes

  • Im betrachteten Gebiet rund um den Grenzhof betreiben die Landwirte seit Jahren und Jahrzehnten Vertragsnaturschutz mit der Stadt Heidelberg und weiteren Partnern.
    • Seit Jahrzehnten gibt es eine Biotopvernetzung in Zusammenarbeit mit der Stadt Heidelberg, eine der ersten in dieser vorbildlichen Ausführung
    • Es sind Projekte gestartet in Zusammenarbeit mit dem NABU um das Rebhuhn in seinen letzten Beständen im Raum Rhein-Neckar zu retten.
    • Es gibt neue Projekte im Rahmen der insektenfördernden Region nördl. Oberrhein betreut von der Bodensee-Stiftung
  • Erfolge des Naturschutzes im ländlichen Raum
    • Zunächst war es möglich die Bestände an Feldhasen, Fasanen, Füchsen, … zu stabilisieren. Auf der Gemarkung Grenzhof nisten zudem eine große Zahl an Greifvögeln, darunter Bussarde aber auch Falken, rote sowie schwarze Milane mit steigender Tendenz.
    • Der Bestand an Singvögeln konnte nicht nur stabilisiert werden sondern durch die tatkräftige Arbeit von Armin Konrad (NABU) sogar erhöht werden. Zur Dokumentation führte er auch mehrere Offenland-Kartierungen durch.
    • Der Grenzhof ist ein wichtiges „Jagdrevier“ der Störche der ganzen Region. Beim Ackern auf dem Feld besuchen uns oft 60 und mehr Störche auf der Suche nach Mäusen, Großinsekten und Regenwürmern.

Aus der Sicht der Grenzhöfer

  • Der Grenzhof ist heute schon ein vergessener Stadtteil. Durch die BAB 656, die BAB 5 und die 6-gleisige Bahntrasse Mannheim-Heidelberg ist der Ort von Wieblingen getrennt. Dies ist insbesondere für die Kinder und Jugendlichen (kein öffentlicher Nahverkehr) ein schwerwiegender Nachteil, denn sie erreichen Ihren „Schul- und Kirchplatz“ mit dem Fahrrad nur über die Brückenbauten (keine Radwege). Diese stellen bei Tempo 70 oder 100 des Straßenverkehrs eine besondere Gefahr dar (schlechtere Einsicht, Einfriedung durch Leitplanken).
  • Durch den Neubau einer Bahntrasse wie geplant würden die Grenzhöfer große Lärmbelästigungen erwarten. Die schnellen Güterzüge befänden sich in einer Kurve!
  • Durch die nötigen Brückenbauten würde zB. der Friedhof hinter einer Brückenrampe verschwinden. In drei Richtungen (Edingen, Wieblingen, Eppelheim) würden die Brückenrampen zT direkt am Dorf beginnen
  • Vermutlich notwendige Lärmschutzwände würden die gefühlte Trennung des Grenzhofs von seiner Stadt verstärken.
  • Das heutige Bild des Grenzhof als historischer alter Weiler in der offenen Agrarlandschaft (Historisches Bild des Dorfes als Versorgungsgut des Klosters Lorsch) wäre gänzlich zerstört. Stattdessen wären die Brückenbauten, die Lärmschutzwand und die Bahntrassen vorherrschend für das Erscheinungsbild des Grenzhof.

Aus der Sicht der Landwirtschaft

  • Der Planentwurf der Neubaustrecke durch die Grenzhöfer Felder wäre eine echte Katastrophe für die Landwirtschaft im Heidelberger Westen.
    • Flächenverbrauch bei 30m Breite wäre pro km 3 ha
    • Die Streckenführung im Bogen und quer zu den Feldstrukturen hinterlässt nicht zu bewirtschaftende Zwickel, Keile, und nur unwirtschaftlich zu bewirtschaftende Felder mit halber Länge. (Eine Flurbereinigung wäre unumgänglich)
    • Die Brunnen zur Bewässerung werden durch die Trasse von den zu bewässernden Feldern getrennt. Keine Chance die Trasse zu überwinden
    • Das Umsetzen von Schlag zu Schlag mit großen Maschinen wird durch Brückenbauten erschwert, Verkehrswege zu Feldern hinter den Gleisen werden länger, Kosten steigen.
  • Die landwirtschaftliche Fläche dient der Erzeugung unserer Lebensmittel, die – wie der Name schon sagt – zum Leben notwendig sind. Die Einstufung landwirtschaftlicher Fläche hier durch Raumwiderstandsklassen oder in anderen Projekten stets mit dem minimalen Wert bedarf einer grundlegenden Änderung der Denkweise. Durch Klimawandel und steigenden Bioanbau (mit halbem Ertrag) sinken in Deutschland die Selbstversorgungsgrade (Derzeit 88%). Landwirtschaftliche Fläche ist eben keine Fläche die nur darauf wartet bebaut zu werden sondern sie ernährt uns, sie ist uns ein Raum zur Erholung, sie ist Raum für weitere Lebewesen und nicht dazu da durchschnitten und bebaut zu werden.

Alternative Vorschläge:

Vorteile einer Lösung durch einen Tunnel

Wenn man Verkehrswege bündeln und den Nutzen für die Menschen und die Natur maximieren will so kommt aus unserer Sicht nur eine Tunnellösung in Betracht. Eine Verlegung des Güterschienenverkehrs oder gar des ganzen Schienenverkehrs unter die Erde würde eine große Zahl Schienenanwohner massiv entlasten.

Verein zur Weiterentwicklung des Heidelberger Ortsteil Grenzhof

Heidelberg 17.02.2022

Der Vorstand:

Eckard Boxheimer
Robert Kaiser
Helge Kyrberg
Heike Leitner
Andreas Lübkemann
Martin Sessler
Jörg Schumann
Andeas Spitzer
Rainer Zimmermann

Grenzhof 17a
69123 Heidelberg
Tel. 0173 4661487
E-Mail: e.box@web.de

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